Wenn sich Leidenschaft und der Drang nach echtem Abenteuer vereinen, entstehen Geschichten, die weit über den Gipfelmoment hinauswirken. Der junge Alpinist David Hechl erzählt von seiner jüngsten Expedition in die gewaltige Nordwand des entlegenen Alaskaberges Mt Hunter, oder Begguya wie Einheimische ihn nennen.
Gemeinsam mit seinem Team begab sich David in die legendäre „DEPRIVATION“ Route (Ai6 R, M6, 2000m), mitten im Herzen des Kahiltna-Gletschers. Was sie dort erwartete: Minusgrade unter –20 °C, stundenlanges Klettern in Eis und Fels, eine Nacht im improvisierten Biwak – und ein Rückzug im Schneesturm. 33 Stunden, die den jungen Alpinisten einiges abverlangten. David erzählt von einem Erlebnis, das intensiver kaum sein könnte – und von einem Berg, der ihn so schnell nicht mehr loslassen wird.
DEPRIVATION, Begguya/ Mt. Hunter 4400m (Alaska Range), Ai6 R, M6, 2000m
April 2025
"Als ich diesen wunderschönen Berg mit seiner unglaublich steilen und kompakten Nordwand zum ersten Mal sah, konnte ich meinen Augen kaum glauben! Zu Beginn dieser Alaska-Expedition war alles noch sehr hektisch; bereits am dritten Tag dieses Trips wurden wir nach einem tollen Flug am Kahiltna-Gletscher abgesetzt. Wir waren die Einzigen im Basecamp und hatten viel zu tun, da sich das Hochdruckfenster, in dem wir uns befanden, in anderthalb Tagen schließen würde. Wir bauten schnell unser Lager mit nur dem Nötigsten auf und starteten früh am nächsten Morgen unseren ersten Versuch.
Mit Ski stiegen wir bis zum Fuß der Route auf und machten uns bereit zum Klettern. Trotz Temperaturen unter –20 Grad kletterten wir in etwa zwölf Stunden vom Bergschrund bis zum „Bibler-Come-Again“-Ausstieg. Da wir natürlich noch überhaupt nicht akklimatisiert waren und uns nicht sehr gut fühlten, entschieden wir uns zum Biwakieren. Wir hackten mit unseren Eisgeräten ein kleines Podest aus dem Eis heraus – gerade groß genug, dass wir drei sitzend nebeneinander Platz hatten. Die Nacht war nicht sehr erholsam, es war ziemlich kalt, und wir hatten viel Spindrift, der zunehmend unsere Biwaksäcke mit Schnee befüllte. Als wir am nächsten Morgen bei beginnendem schlechten Wetter aufstanden, beschlossen wir, mit dem Abstieg zu beginnen, anstatt zum Hauptgipfel weiterzugehen. Der Abstieg war lang und komplex – unter anderem etwa 30 Seillängen abseilen, wobei wir die meisten Abseiler selbst einrichten bzw. ergänzen mussten. Nach 33 Stunden, davon sieben Stunden Abseilen, kamen wir glücklich und gesund wieder bei unseren Skiern am Fuße des Berges an.Der vorhergesagte Schneesturm hatte uns da bereits längst erreicht – wir mussten glücklicherweise aber nur noch zurück ins Basecamp gehen.
Wir hatten eine intensive Zeit in der Wand – und definitiv die Art Abenteuer, die wir gesucht hatten. Ich bin sehr glücklich und dankbar, dass ich diese Erfahrung machen durfte. Wir werden uns an diese Reise wahrscheinlich noch lange erinnern."