Vor 9 Jahren im Alter von 14 stand ich das erste Mal am Ortler. Ich ging mit meinen Eltern damals über den Hintergrat, wo man sehr gut in die Nordwand sieht. Ich kann mich noch gut daran erinnern als ich sie das erste Mal sah und mir dachte, eines Tages will ich die Wand klettern. Am 27.08. war der Tag gekommen.
Wer die 1200m hohe Wand und deren objektiven Gefahren kennt, weiß Bescheid. Klettern in dieser Nordwand ist ein Lotteriespiel.
Reinhold Messner sagte einmal: „Nur Dummköpfe machen die Ortler Nordwand”.
Die Wand sei wegen des Eisbruchs unberechenbar, Sommer wie Winter. Im Großen und Ganzen hatten wir sehr gute Verhältnisse, bis auf das Wetter, welches uns einen Strich durch die Rechnung machte: Nebel, Schneefall und ca. -10 Grad bei starkem Wind.
Tagwache war nach einer kurzen Nacht auf der Tabarettahütte um 02:30 Uhr. Nach einer halben Stunde Zustieg erreichten wir den Bergschrund und somit den Einstieg der Wand. Um 03:30 Uhr kletterten wir los.
Die ersten 2/3 sind wir seilfrei geklettert, um keine Zeit zu verlieren und so schnell wie möglich aus der Gefahrenzone (Gurgel) zu sein. Um ca. 05:30 Uhr waren wir kurz oberhalb der Gurgel, wo wir einen lauten Knall wahrnahmen. Es war eine Eislawine, die unter uns in die Nordwand abgegangen ist. Wir hatten null Sicht und hofften nur dass wir schon weit genug oben waren. Nachdem es wieder leise war, wurde uns bewusst, dass es „knapp hergegangen“ ist und wir großes Glück hatten.
Um 08:20 Uhr erreichten wir den Gipfel des 3905m hohen Ortler.